Wer am Montagabend am Kemptener „culture
squat“ vorbeiging, den hätte auch eine Ladung
Schnee treffen können. Im ersten Stock
des Künstlerhauses war Christoph Wank zu
Gange. Er hatte bei Oberstdorf letzte Reste
von Schnee aufgestöbert und nach Kempten
gekarrt, um den vielen verrückt-avantgar-distischen
Projekten in dem Abbruchhaus am
Rande der Fußgängerzone ein weiteres hinzuzufügen.
Der junge Künstler aus Marktoberdorf
holte aber nicht nur kurzzeitig den Winter
in den Raum im Obergeschoss. Er ließ zudem
noch die Besucher der „Inspiration-Party“
im Café darunter (Vernissage) insofern
teilhaben, als dass er durch die Decke ein
Loch bohrte. Nun tropfte das Schmelzwasser
munter in den Eingangsbereich und konnte
nur mühsam mit Kübeln eingefangen werden.
Wank hatte damit mehrere Dinge im Sinn.
Einerseits wollte er die Oberflächenverän-derungen
des Schneemanns vorführen. Andererseits
schuf er eine Verbindung inner-halb
des Hauses – und ging somit radikal an die
Substanz des Gebäudes, das ursprünglich abgerissen
werden sollte. Nun hat die Stadt dieses
Vorhaben wegen eines fehlenden Investors
erst mal auf Eis gelegt (wir berich-teten).
Ähnlich radikal wie Wank sprang auch Pit
Kinzer (Markt Rettenbach) mit dem Gebäude
um (wir berichteten ebenfalls). Ideenreiche
Künstler wie er eignen sich die Räume und die
Architektur an, arbeiten nicht nur in ihnen,
sondern mit ihnen, was auf jeden Fall eine
zeitgemäße künstlerische Auseinandersetzung
bedeutet. In diesem Sinne fasziniert
auch das Projekt der Sonthofenerin Gundula
Enzensberger. Sie ging in den Keller, um existenzielle
Fragen aufzuwerfen. Einen Raum befüllte
sie mit Schlamm. Daraus formte sie erdige
Figuren, beließ es aber nicht dabei, sondern
nahm davon wiederum Abformen aus
Pappmaché. Diese passte Enzensberger farblich
an das an, was sie von früheren Hausnutzungen
vorfand: Bilder, Plakatwände. Zugleich
lotet sie den Gegensatz zwischen Erdenschwere
und Leichtigkeit aus.
Donnerstag, 3. Juni 2004, Allgäuer Zeitung,
Klaus-Peter Mayr
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