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Jan Bräumer, Pit Kinzer »Modellwelten«
Galerie Markt Bruckmühl, 06.04.-11.05.

Presse 1
OVB Rosenheim, 11.4.2008
Menschenleere und quirliges Leben
von Martina Fischer





Menschenleere und teils geradewegs quirliges, wenn auch künstliches Leben stehen einander in der Ausstellung von Jan Bräumer und Pit Kinzer in der Galerie des Marktes Bruckmühl gegenüber - scheinbar klare Gegensätze, die noch durch die Hängung der Malereien und Zeichnungen beziehungsweise Fotoarbeiten in separaten Räumen betont wirken. So konträr ist die aktuelle Werke-paarung jedoch nicht. Schließlich handelt es sich bei den Räumen und Alltagsgegenständen von Bräumer um Teile des Lebens, des täglichen Erlebens, und schließlich sind Kinzers Fotomodels zwar Abbilder des Lebens, keinesfalls aber lebendig, da es sich um Menschenfiguren aus Modellsätzen für Eisenbahnen handelt, die vom Künstler in Lebensszenen arrangiert wurden.Der in Nürnberg lebende und arbeitende Jan Bräumer wurde 1970 in Darmstadt geboren. Er absolvierte sein Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Nürnberg. Auf dieses folgte eine Lehrtätigkeit an der Akademie bis 2004. Ein Stipendium an der Cité des Arts in Paris sowie zahlreiche Ausstellungen in Nürnberg, Erlangen, Basel und anderen Orten waren Teil von Bräumers Werdegang. Klarheit der Formen und Nüchternheit der Farben bestimmen die Malereien und Zeichnungen, die Bräumer in Bruckmühl zeigt. Sie machen zugleich einen spartanischen, minimalistischen und entspannt-ruhigen Eindruck, sind zurückhaltend, nie aufdringlich, fast ausschließlich in strenger Ordnung angelegt. Helle Töne mit kontrastierendem, geradlinigem Schwarz als Abgrenzung dominieren die Malereien. Farbe wird nur sehr sparsam eingesetzt. Die Zeit scheint eingefroren, Bewegung nicht intendiert, vielmehr Kontemplation. Die Werke, für die sich Bräumer durch Zeitungen, Filme und Erinnerungen anregen lässt, sind zwar menschenleer, haben jedoch durch die Abbildung von Häusern, Tischen, Betten, Zielscheiben oder Musikinstrumenten immer einen Lebensbezug. Ruhe strahlen die Malereien meist aus, Wärme nur in wenigen Fällen, etwa bei «Perfekte Verstecke» oder «Zentrale» durch dezente Farbaspekte und Lichtwärme. Etwas lockerer sind mehrere Zeichnungen geraten, schwungvoller im Strich, weniger strikt, weicher in der Linienführung. Lebendiger, absurderweise ohne lebende Personen, wirken da die «Modellwelten», die Pit Kinzer präsentiert. 1951 in Ottobeuren im Allgäu geboren lebt der Künstler jetzt in Markt Rettenbach. Nach einer Ausbildung zum Schriftsetzer und einem Architekturstudium arbeitet er seit 1978 als freischaffender Künstler und kann auf eine Vielzahl von Ausstellungen und Auszeichnungen verweisen. Die Lebensszenerien, in denen sich seine brillant ausgeleuchteten, so genannten «Gerngroß-Models» wiederfinden, entbehren nicht des Humors, eines hintergründigen Humorverständnisses allerdings, das auch Abgründe entlarvt. Etwa wenn bei «Unverhältnismäßiger Einsatz gegen vermeintliche Extremisten» eine Trachtlergruppe beim Volkstanz mit massivem Polizeieinsatz konfrontiert ist, bei «Angemessene Begrüßung der Dorfschönheiten» eine Riege älterer Damen vom Spielmannszug begrüßt wird, bei «Gewagte Führung an den Abgrund» eine skurril-fröhliche Wandergruppe präsentiert oder bei «Landesüblicher Empfang für einen mutmaßlichen Außerirdischen» ein Männchen in rotem Schutzanzug von einer Jägergruppe mit angelegten Gewehren umstellt wird. Teils werden die Plastikmodelle als Zimmerer in Realszenen in einem Gebäudefoto platziert, teils als Aktmodels. Eine Hommage an die Plakativität üblich-beliebter Albumfotos zeigt Kinzer im Dachgeschoss der Galerie mit Bildunterschriften wie sie gekonnt-banaler kaum sein könnten á la «Gabi fährt freihändig!! Natürlich nicht, sie tut nur so. Irgendwo im Elsass, 1981», aber auch mit dem Kontrapunkt eines jüdischen Flüchtlingspaares «Trine Goldstein und ich, 1941 waren wir auch in Rouen nicht mehr sicher», ein Abgesang auf die datenverliebt-fröhlichen Urlaubsbilder.