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"WasserDicht", Marburg, 22.05.-30.09.,

„Gerngroß Models XXL: Der Sprung ins Ungewisse oder Fliegen ist Schwimmen ohne Wasser"
6-teilige Installation durch Marburg vom Schloss bis dicht ans Wasser

Katalogtext

Die Installation ist Teil des breit angelegten Projektes „Gerngroß-Models", das aus mehreren Serien von Fotoarbeiten besteht. In den meisten erschafft Pit Kinzer einen Bühnenraum, um seine Modelle (knapp zwei Zentimeter große Modelleisenbahnfiguren) zu arrangieren, zu inszenieren, auszuleuchten, und schließlich mittels Makrofotografie festzuhalten oder durch Bildmontage neue Realitäten zu schaffen. So erreichen diese Models ihr Ziel - sie wären gern groß, wie wohl in uns allen als Kind der Wunsch war: Wenn ich groß bin, dann ...
In der Serie „Gerngroß Models XXL" wird dieses Prinzip noch gesteigert. Die ursprünglich winzigen Objekte werden überlebensgroß, fast monumental aufgewertet, sie verwandeln sich zu Skulpturen, die sich im Wind bewegen und Schatten werfen. Gestik und Körpersprache werden deutlicher und die ursprüngliche Oberfläche der Figuren mit ihren produktionsbedingten Graten und Gussnähten bekommt durch die Makroaufnahme überhaupt erst eine Bedeutung. Durch die Platzierung der monumentalisierten Objekte in der realen Kulisse der Hausfassaden wird der Bühnenraum riesig, die ganze Stadt zum Kunstobjekt. Den Springenden und Schwimmenden begegnen wir im Stadtraum an verschiedenen Orten, in verschiedenen Situationen.

„Der Sprung ins Ungewisse" – für wen gilt Ungewissheit? Wohin führt der Sprung?
Auf das doch recht harte Marburger Pflaster? Oder in die Lahn?
Gibt es eine Rettung? Eine kontrollierte Landung? Oder wartet die Katastrophe?
Zum Beispiel die Schwimmerinnen: Noch steht ihnen nicht das Wasser bis zum Hals. Auch ihre Kleidung gibt wenig Hinweise auf irgendwelche Gefahrensituationen: Bikinis, Badeanzüge. Man denkt an Sommer, Sonne, Meer. Ihre Körperhaltung lässt die Deutung zu: sie schwimmen, oder genauer, sie tauchen auf. Das sind keine Fassadenkletterer, sie steigen nicht an der Wand hoch. Oder doch? Stürzen sie ab? Können sie sich gerade noch festhalten? Fallen sie? Springen sie? Fliegen sie gar?
Offensichtlich freiwillig abgehoben ist der Springer an der Schlossmauer, auch wenn wir das Sprungbrett nicht sehen. Er macht so gar keinen verunsicherten Eindruck. Zu perfekt die Körperhaltung, zu klar der aufmerksame Blick in die Tiefe. Und doch – durch eine millimetergenaue Tiefenschärfe in der Fotografie fliegt die Figur gewissermaßen in einen Unschärfebereich hinein, dessen Ende nicht absehbar ist.
Die Ungewissheit scheint also viel mehr bei uns zu liegen:
Stehen wir auf dem Grund eines riesigen Schwimmbeckens? Sind wir hier auf dem Boden Teil dieser Szenerie?
Und wo ist das Wasser?